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Analyse: Ist Bitcoin ein zeitgenössisches Schneeballsystem?


Gerne und immer wieder wird der Bitcoin von seinen Kritikern als „Schneeballsystem“ bezeichnet. Wie genau ist die Definition eines Schneeballsystems zu verstehen und gibt es beim Bitcoin tatsächlich Eigenschaften, die dieser Definition entsprechen?

Ist Bitcoin ein modernes Schneeballsystem?

Ist Bitcoin ein modernes Schneeballsystem? | Foto: Midjourney

Der Bitcoin wird immer wieder als Schneeballsystem bezeichnet. Doch was ist dran an diesem Vorwurf? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir zunächst einmal klären, was ein Schneeballsystem überhaupt ist.

Ein Schneeballsystem, auch als Pyramidensystem oder Ponzi-System bezeichnet, ist eine bewusst betrügerische Investmentstrategie, bei der die Renditen für frühe Investoren durch das Geld neuer Investoren finanziert werden, anstatt durch tatsächliche Gewinne aus einer legitimen Geschäftstätigkeit. Entworfen werden diese Investmentstrategien durch Individuen oder eigens dafür gegründete Unternehmen.

Diese Systeme sind nach dem Betrüger Charles Ponzi benannt, der in den 1920er Jahren berüchtigt wurde, weil er ein solches System betrieben hat.

Hohe Renditen locken neue Investoren 

VIDEO: Warum #Bitcoin ein Schneeballsystem ist... MEINE REAKTION auf Dr. Julian Hosp
sunnydecree DE

Das Grundprinzip eines Schneeballsystems besteht darin, dass die Organisatoren oder Promotoren des Systems hohe Renditen versprechen, um neue Investoren anzulocken. Diese neuen Investoren zahlen Geld in das System ein, und ein Teil dieses Geldes wird dann an frühere Investoren weitergegeben, um den Anschein hoher Renditen zu erwecken. Die Investoren werden ermutigt, ihr Geld im System zu belassen und neue Investoren zu werben, um noch höhere Gewinne zu erzielen.

Das Problem bei Schneeballsystemen ist, dass sie von vornherein als nicht nachhaltig aufgebaut werden. Es gibt keine tatsächliche Geschäftstätigkeit oder Einnahmequelle, die die versprochenen Renditen generiert. Es müssen immer mehr neue Investoren rekrutiert werden, um die alten auszahlen zu können.

Dies führt dazu, dass das System immer größer wird und schließlich zusammenbricht, wenn nicht genügend neue Investoren gefunden werden können, um die Auszahlungen an die bestehenden Investoren aufrechtzuerhalten. Die frühen Investoren beziehungsweise die eigentlichen Initiatoren des bewusst betrügerischen Systems entnehmen ihre Gewinne und ihr eingezahltes Kapital.

Alle anderen verlieren in der Regel ihren Einsatz, bis das System schließlich zusammenbricht.

Hat Bitcoin einen Initiator und wer steuert das Netzwerk?

VIDEO: Auf der Suche nach der Wahrheit: Ist Bitcoin ein Schneeballsystem? 🔎
BitcoinReise

Bitcoin wurde von einer Person oder einer Gruppe von Personen unter dem Pseudonym "Satoshi Nakamoto" entworfen und erstmals im Jahr 2008 in einem Whitepaper mit dem Titel "Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System" vorgestellt. Das Whitepaper wurde auf einer Mailingliste veröffentlicht, woraufhin die Entwicklung und Umsetzung von Bitcoin als Kryptowährung startete.

Es gibt zahlreiche Spekulationen darüber, wer oder welche Gruppe von Personen sich hinter diesem Pseudonym verbirgt, aber die Identität von Satoshi Nakamoto ist bis heute unbekannt.

Viel wichtiger ist aber der Einfluss, den die Initiatoren auf das Netzwerk ausüben können. Dieses wurde in der Grundstruktur als „dezentrales Netzwerk“ aufgesetzt.

Dabei gibt es keine zentrale Autorität, Institution oder Kontrollstelle, die volle Kontrolle über das Netzwerk hat. Stattdessen sind die Teilnehmer des Netzwerks gleichberechtigt und arbeiten zusammen, um die Funktionen und Prozesse des Netzwerks aufrechtzuerhalten.

Wichtige Merkmale des dezentralen Bitcoin-Netzwerks sind:

  1. Gleichberechtigung: In einem dezentralen Netzwerk haben alle Teilnehmer die gleichen Rechte und Möglichkeiten. Es gibt keine zentrale Instanz, die Entscheidungen trifft oder die Regeln festlegt.
  2. Sicherheit: Dezentrale Netzwerke verwenden häufig kryptographische Technologien, um die Sicherheit und Integrität der Daten und Transaktionen zu gewährleisten.
  3. Verteilung: Die Daten und Ressourcen in einem dezentralen Netzwerk sind auf verschiedene Knotenpunkte beziehungsweise Teilnehmer im Netzwerk verteilt. Dies führt zu einer erhöhten Robustheit und Ausfallsicherheit, da ein Ausfall eines einzelnen Knotens das gesamte Netzwerk nicht lahmlegen kann.
  4. Autonomie: Jeder Teilnehmer in einem dezentralen Netzwerk kann seine eigenen Entscheidungen treffen und hat die Kontrolle über seine eigenen Ressourcen und Daten.
  5. Transparenz: In vielen dezentralen Netzwerken sind die Transaktionen und Prozesse für alle Teilnehmer transparent und nachvollziehbar. Vertrauen wird durch Kontrolle ersetzt.
  6. Fehlertoleranz: Dezentrale Netzwerke sind in der Regel widerstandsfähig gegenüber Einzelstörungen oder Angriffen, da sie nicht von einer einzelnen zentralen Instanz abhängig sind.
  7. Begrenzte Skalierbarkeit: im Bitcoin Netzwerk kann es nur maximal 21 Millionen Bitcoin geben. Damit kann es bei der Verwendung von Bitcoin als Aufbewahrungsmedium keine inflationären Tendenzen geben.

Bitcoin als dezentrales Netzwerk nutzt die Möglichkeit, Daten und Ressourcen auf eine Weise zu organisieren, die eine höhere Unabhängigkeit, Sicherheit und Redundanz ermöglicht.

Die bedingungslose Umsetzung der oben genannten Kriterien für ein dezentrales Netzwerk führen in ihrer Konsequenz dazu, dass es keine zentrale Instanz gibt, die das Netzwerk steuern oder massiv beeinflussen kann.

An dieser Stelle unterscheidet sich Bitcoin in einzigartiger Weise von allen anderen Krypto-Projekten. Andere Kryptowährungen oder -projekte haben in der Regel einen zentralen Akteur, der Einfluss auf die Entwicklung nehmen kann. Das Bitcoin-Netzwerk hingegen basiert einzig auf der gegenseitigen Akzeptanz und Kontrolle der Teilnehmer.

Wenn es keine zentrale Stelle gibt, die das Bitcoin-Netzwerk kontrollieren kann, wird die Unterstellung einer betrügerischen Absicht – wie beim Ponzi-System – fragwürdig, weil es keine Person oder Institution gibt, der man diese Absicht unterstellen könnte. Es fehlt somit das „kriminelle Mastermind“ bzw. „Charles Ponzi 2.0“, welcher durch Betrug einen finanziellen Vorteil erlangen will. Und es fehlt insbesondere auch die Möglichkeit, eine solche Absicht umzusetzen. Auch ein Renditeversprechen ist kein Bestandteil des Bitcoin-Netzwerkes – es geht vielmehr um die sichere und dezentrale Verwahrung.

Kann Bitcoin die nächste Evolutionsstufe des Ponzi-Systems sein?

VIDEO: Bitcoin = Schneeballsystem | Reaktion auf @Maurice_Hoefgen
Projekt: 100X

Suchen wir weiter kritisch nach Parallelen zwischen Bitcoin und einem Schneeballsystem und unterstellen wir einmal in einem Gedankenspiel, dass ein „modernes Ponzi-System“ eine höhere Evolutionsstufe erklommen hat.

Was wäre zum Beispiel, wenn die fehlende Person oder Institution zur Kontrolle des Projektes zur Realisierung der betrügerischen Absichten bewusst verschleiert werden soll?

Auf den ersten Blick würde Bitcoin als dezentrales Netzwerk dieses Kriterium erfüllen. Es gibt keinen Geschäftsführer oder Verantwortlichen, den man zur Rechenschaft ziehen könnte. Im nächsten Schritt wäre jetzt aber die Frage zu beantworten, wie das kriminelle Mastermind, welcher Bitcoin als modernes Schneeballsystem in diesem Gedankenspiel entworfen hat, Profit daraus schlagen könnte.

Dies könnte derzeit nur durch eine Beschaffung von Bitcoin ohne Aufwand oder durch die Beeinflussung des Wechselkurses zu anderen Währungen herbeigeführt werden.

So entstehen Bitcoins 

VIDEO: IST #BITCOIN EIN SCHNEEBALLSYSTEM?
Dr. Julian Hosp - Krypto, Investieren, Unternehmer

Bitcoins werden durch einen Prozess namens "Mining" erstellt. Das Mining ist ein wesentlicher Bestandteil des Bitcoin-Netzwerks und dient dazu, Transaktionen zu bestätigen und neue Bitcoins in Umlauf zu bringen.

Mining von Bitcoins ist ein kryptografischer Wettbewerb, bei dem nur der Miner, der das sogenannte Proof-of-Work-Rätsel zuerst löst, den nächsten Block erstellen und die Belohnung erhalten kann. Dieses Rätsel ist nur mit einem enormen Aufwand an Computer-Rechenleistung zu lösen. Dafür wird wiederum Energie benötigt.

Unterstellen wir im Rahmen dieses Gedankenspiels, dass auch unser krimineller Mastermind keine Abkürzung zur Schürfung eines Bitcoins hat, da aufgrund des öffentlich einsehbaren Programmcodes diese Anomalie anderen Entwicklern des Bitcoin-Netzwerkes sicherlich schon aufgefallen sein dürfte.

Um Bitcoin zu erzeugen, müsste also Energie und somit Geld aufgewendet werden. Würde unser Mastermind so vorgehen, wäre dies aber keine kriminelle Handlung, sondern lediglich das oben beschriebene „klassische Bitcoin-Mining“.

Wie entsteht der Bitcoin-Preis? 

VIDEO: Warum #Bitcoin ein Schneeballsystem ist, die meisten Altcoins nicht & wie man es fixen könnte!
Dr. Julian Hosp - Krypto, Investieren, Unternehmer

Die Beeinflussung des Bitcoin-Wechselkurses zu anderen Währungen wäre damit die letzte Möglichkeit, Profit durch kriminelle Energie in Form von Kursbeeinflussung zu erzeugen. Der Wert von Bitcoin wird durch Angebot und Nachfrage auf verschiedenen Kryptowährungsbörsen bestimmt. Es gibt mehrere Faktoren, die den Preis von Bitcoin beeinflussen können:

  1. Angebot und Nachfrage: Der grundlegende Faktor, der den Preis von Bitcoin bestimmt, ist das Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf den Kryptowährungsmärkten.
  2. Wahrnehmung und Vertrauen: Das Vertrauen der Anleger in die langfristige Stabilität und Akzeptanz von Bitcoin spielt eine große Rolle. Wenn Menschen glauben, dass Bitcoin eine zuverlässige Wertaufbewahrung ist, sind sie eher bereit, es zu kaufen und zu halten.
  3. Marktnachrichten und -ereignisse: Nachrichten und Ereignisse, die das Vertrauen der Anleger beeinflussen, können die Nachfrage und damit den Preis von Bitcoin beeinflussen. Dies können positive Nachrichten wie die Akzeptanz von Bitcoin durch große Unternehmen oder Länder sein oder negative Nachrichten wie regulatorische Verbote oder Sicherheitsverletzungen.
  4. Technische Faktoren: Technische Aspekte, wie Upgrades der Bitcoin-Software oder Verbesserungen in der Netzwerksicherheit, können den Preis beeinflussen.
  5. Spekulation: Der Bitcoin-Preis wird oft von spekulativen Investoren beeinflusst, die auf kurzfristige Kursbewegungen setzen.
  6. Währungspolitik: Wirtschaftliche und währungspolitische Entwicklungen können den Bitcoin-Preis beeinflussen, insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit oder Inflation, wenn Menschen nach alternativen Wertaufbewahrungsmitteln suchen.
  7. Marktkapitalisierung: Die Marktkapitalisierung von Bitcoin, die sich aus dem Preis pro Bitcoin und der Gesamtmenge der im Umlauf befindlichen Bitcoins ergibt, ist ein wichtiger Indikator für den Zustand des Marktes.

Die Ermittlung des genauen Preises von Bitcoin zu einem gegebenen Zeitpunkt erfolgt durch den Durchschnitt der Preise auf den führenden Kryptowährungsbörsen, wobei einige Börsen mehr Gewicht haben als andere, basierend auf ihrer Handelsaktivität und Liquidität.

Die Vielzahl der genannten Einflussfaktoren und insbesondere die unterschiedlichen Handelsplattformen in Kombination mit einer Marktkapitalisierung im Bitcoin von derzeit rund 514 Milliarden US-Dollar (Stand Oktober 2023) weisen die Charakteristika von Wertpapiermärkten auf. Manipulation von Kursen an Wertpapier- oder Kryptobörsen ist grundsätzlich möglich, aber kein Bestandteil eines Ponzi-Systems.

Fazit: Bitcoin ist kein Schneeballsystem – auch kein Schneeballsystem in einem neuen Gewand. Je tiefer man in die Architektur von Bitcoin eindringt, um so deutlicher wird, dass Bitcoin Eigenschaften besitzt, die ein Ponzi-System vollkommen ineffektiv gestalten würden. Nachvollziehbare Gleichberechtigung, Sicherheit, Verteilung, Autonomie und Transparenz sind darüber hinaus Eigenschaften, die wir in unserer Fiat-Welt immer häufiger vermissen.

Dennoch gibt es in der Krypto-Welt betrügerische Aktivitäten, bei denen Vorsicht geboten ist. Daher gilt: Krypto ist nicht gleich Bitcoin und Bitcoin ist nicht gleich Krypto!


Leif Richter ist Vorstand der Dietrich & Richter Private Asset Management
Leif Richter ist Vorstand der Dietrich & Richter Private Asset Management © Dietrich & Richter Private Asset Management

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Leif Richter ist Vorstand der Dietrich & Richter Private Asset Management.

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Author: Jillian Frazier

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