Manager der TikTok-Stars „Die Millionärsformel für Influencer gibt es nicht“
David Völler ist der Mann, der Nobodys zu erfolgreichen Künstlern macht. Er erklärt, wer sich für den Job eignet, was man verdienen kann – und welche Fehler Social-Media-Stars vermeiden sollten.
WirtschaftsWoche: Herr Völler, warum sind Influencer derart erfolgreich geworden?
David Völler: Ich sage ,Artist‘ und bewusst nicht ,Influencer‘ – weil der Begriff verbrannt ist. Wenn über Influencer berichtet wird, geht es immer nur darum, dass das alles eigentlich Blödsinn ist. Dabei arbeiten viele Artists hart und überwiegend seriös. Es gibt keine andere Art von Marketing, das so erfolgreich sein kann wie Social-Media-Marketing. Man kann nachvollziehen, welche Zielgruppe die Beiträge geklickt hat, was im Detail bedeutet: Ich sehe wieviel Prozent der Follower männlich oder weiblich sind, welche Altersgruppe erreicht wurde, Länder- und Städteverteilungen – und wer schließlich durch Werbung von Artists Artikel gekauft hat.
Was muss man haben, um überhaupt für dieses Geschäft geeignet zu sein?
Es muss Substanz vorhanden sein. Etwas, das die Person irgendwann zu einer eigenen Marke machen kann. Wenn die Menschen dich treffen, sollten sie keinen Unterschied zu deinem Auftreten in den sozialen Netzwerken feststellen. Social-Media-Star ist ein Vollzeitjob beziehungsweise mehr als das – die Zuschauer wollen 24 Stunden am Tag entertaint werden. Ein Social-Media-Artist muss bereit sein, sich als öffentliche Person darzustellen. Wenn ich in den Urlaub gehe, dann gehe ich in den Urlaub. Geht ein Artist in den Urlaub, dann folgt die Community gleich mit und möchte so viel wie möglich davon sehen.
Inwiefern trifft das für Ihre Klienten zu?
Nehmen wir etwa Millane Friesen, die vor zwei Jahren zu uns kam, damals 68.000 Follower auf Instagram hatte. Heute sind es 1,1 Millionen Follower auf Instagram und sechs Millionen auf TikTok! Mittlerweile hat sie, in Zusammenarbeit mit About You, zwei eigene Fashion-Kollektionen lanciert, dazu ein eigenes Buch „Monday Motivation“ und arbeitet an weiteren, großen Projekten. Sie baut gerade eine internationale Karriere auf, war dieses Jahr auf der Fashion Week in New York, sowie in Mailand und den Filmfestspielen in Cannes. Das Tolle an Millane ist: Sie verstellt sich nicht. Millane ist eine Künstlerin, die sehr stark für ihren christlichen Glauben steht und das intensiv mit ihrer Community teilt. Sie steht nicht nur für coole Partys und coole Styles.
Zur Person
David Völler war früher Journalist, dann machte er sich mit der Social-Media-Agentur All Impact in Köln selbstständig. Mit seinen 17 Mitarbeitern managt er mehr als 20 Influencer, die er lieber als „Artists“ bezeichnet, da die Berufskennung „Influencer“ verbrannt ist. Zu seinen Artists zählt etwa TikTok-Star Millane Friesen. Ein Gespräch über die Historie eines schillernden Gewerbes, über Geld - und falsche Vorurteile.
Was ist denn Ihr Job als Manager?
Es ist ein äußerst verantwortungsvoller Job. Nicht selten arbeiten wir mit jungen Menschen, die gerade in der Berufswelt starten. Ein Artist-Manager muss seinen Artist bestmöglich kennen. Die Persönlichkeit, Interessen, Ziele, Wünsche sowie Stärken und Schwächen müssen bekannt sein.
Wir helfen in der Zusammenarbeit mit Firmen, mit sogenannten Kooperationen. Mit zunehmender Reichweite wächst das Interesse von Firmen und Agenturen. Anfragen gibt es viele und unser Job liegt nicht allein darin diese zu beantworten. Im Gegenteil – wir arbeiten vornehmlich proaktiv und sagen circa 75 bis 80 Prozent der Anfragen ab. Im Sinne unserer Artists tauschen wir uns mit deren Lieblingsmarken und Unternehmen aus. Produkte, die im Alltag ohnehin gerne genutzt werden, bieten sich für eine Zusammenarbeit an. So bleibt der Artist sich selbst treu und das Vertrauen der Community wird gestärkt.
Wichtig zu wissen ist auch: In den alltäglichen Content greifen wir nicht ein, um weder die Kreativität noch die Authentizität einzuschränken. Natürlich geben wir aber Tipps oder sprechen über Fehler. Als verantwortungsvolles Management stehen wir mit allen Plattformen und auch Behörden, wie den Landesmedienanstalten in Kontakt, um Fehler in der Werbekennzeichnung zu vermeiden. Alle Verträge, Abrechnungen und Planungen laufen über uns, was den Job abwechslungsreich, aber auch sehr intensiv macht. Gerade bei jungen Artists ist es wichtig etwas näher dran zu sein und sie aktiv zu beraten und für wichtige Themen zu sensibilisieren. Das können Themen wie Steuern sein oder auch Arbeitszeiten für Menschen im Berufsalltag, die von jungen Artists gerne abweichen.
Wie verdienen Influencer ihr Geld?
Für den durchschnittlichen Influencer gibt es den sogenannten Tausenderkontaktpreis, den TKP. Pro 1000 Ansichten stellt dieser einen finanziellen Wert, in der Zusammenarbeit mit einem Unternehmen, dar. Diese Werte schwanken jedoch je nach Plattform. Grob zusammengefasst liegen diese bei TikTok bei zehn bis zwölf Euro, bei Instagram zwischen 35 und 50 Euro und bei YouTube zwischen 75 und 100 Euro. Langzeitverträge gehen wir nur in einer engen Zusammenarbeit ein, wenn es zum Beispiel um eine eigene Kollektion oder ein gemeinsames Produkt geht, eine sogenannte Co-Creation. Einzelne Kooperationen werden monatlich verhandelt. Kleinere Influencer haben hier mitunter monatlich mit erheblichen Schwankungen zu kämpfen. Erfolgreiche Artists in der Branche, die zum Teil siebenstellig im Jahr verdienen, können mit einem festen Einkommen monatlich rechnen.
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Wie wird man denn Millionär?
Die Millionärsformel für Influencer gibt es nicht. Im Zweifel ist harte Arbeit das vielversprechendste Erfolgsrezept.
Welche Rolle spielt die Reichweite?
Followerzahlen sind pauschal gesehen egal. Ein Influencer ist nicht dann ein Influencer, wenn er möglichst viele Follower hat. Was zählt, ist eine engagierte und treue Community. Menschen, die sich wirklich für sie interessieren, sich mit ihnen identifizieren. Und auch die Produkte kaufen, die von den Artists empfohlen werden.
Was ist der Influencer-Markt eigentlich für ein Markt?
Ein sehr weiblicher. Der Anteil der Frauen unter den erfolgreichen Artists ist deutlich höher, im Vergleich zu männlichen Artists. Am gefragtesten sind die Bereiche Beauty, Lifestyle und Fashion. Hier sind Frauen im Umgang mit Onlineeinkäufen scheinbar einfach vertrauter als Männer. Da habe auch ich noch Nachholbedarf. In mehr als sechs Jahren in der Branche habe ich keine zehn Rabattcodes eingelöst.
Welche Fehler machen Artists häufig?
Es gibt Influencer, die bereit sind, für jedes erdenkliche Produkt zu werben. Solche Influencer findet man bei uns nicht. Gewinnspiele sind ebenfalls eher schädlich. Damit werden Follower generiert, die sich nicht für den Artist persönlich interessieren. Es gibt keine Bindung, nur den Wunsch gratis etwas materielles zu erhalten. So geht Authentizität und eine Community verloren. Ein Gewinnspiel ist nur eine Momentaufnahme, um Reichweite zu gewinnen. Der kurzfristige Effekt der „gewonnenen Follower“ verpufft schnell und schadet dem Influencer langfristig.
Wie finden Sie erfolgversprechende Influencer?
In meinen Anfängen, im Jahr 2015 und 2016, habe ich mir viele Profile angeschaut, bin auf große Veranstaltungen wie die Fashion Week gegangen. Heute bewerben sich die Artists bei uns. Dafür habe ich ein Team von 17 Leuten in Köln, Berlin und Hamburg.
Arbeiten Sie auch mit Influencern unter 18 Jahren zusammen?
Bis vor kurzem nicht. Da TikTok jedoch sehr junge Menschen anspricht, sind jetzt 16 Jahre unsere Grenze. Hier binden wir die Eltern allerdings auch in die Kommunikation ein, die oft völlig überfordert sind, mit der Materie „Social Media“.
Es gibt aber auch das Gegenbeispiel: Vor kurzem habe ich mal eine Anfrage von einer Mutter erhalten, die ihre elfjährige Tochter für eine Zusammenarbeit anbot. Das ist für mich ein absolutes No-Go. Da sehe ich mehr die Interessen der Eltern, die mit ihren Kindern das große Geld verdienen wollen.
Wie verdienen Sie an den Geschäften Ihrer Influencer?
Wir werden am Umsatz unserer Artists beteiligt. Unsere Bezahlung liegt im marktüblichen Bereich.
Und was ist marktüblich?
Ein Anteil von 20 bis maximal 30 Prozent. Gehen Sie mal davon aus, dass bei uns eine 2 davorsteht. Das ist fair.
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Author: John Brown
Last Updated: 1702443721
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